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Jahresrückblick 2024


Pressemitteilung und Jahresrückblick 2024

Eigentümerwechsel, unangekündigte Bauarbeiten, 5 Monate ohne Gas und Heizung, Konfrontationen, Gerichtsverhandlungen, Bedrohungsszenarien und zuletzt Kündigungen. Kurz vor den Feiertagen schauen wir als Mietgemeinschaft nun auf ein schwieriges und turbulentes Jahr zurück. Die E97 weiterhin unser Zuhause nennen zu können, ist seit dem Eigentümerwechsel mit viel Aufwand und Mühen verbunden. Doch trotz der unaufhörlichen Konfrontationen mit unserer Vermietung wohnen wir immer noch hier.

Für viele von uns hat der mit dem Wohnen in der E97 einhergehende Arbeitsaufwand Ausmaße eines Teilzeitjobs angenommen. Wir wohnen teilweise seit fast einem Jahrzehnt mit fairen Mietverträgen hier und verfolgen unseren normalen Berufs- oder Studierendenalltag. Die Umstände unserer Wohnverhältnisse haben sich im Laufe dieses Jahres jedoch drastisch verändert und sich zu einem erschütternden Wohnkrimi entwickelt. Wir sind nach wie vor schockiert von den andauernden Bedrohungsszenarien durch den Eigentümer und seine Vertreter und Auftragnehmer in unserem eigenen vertrauten Zuhause. Aber wir stellen manchmal auch verblüfft fest, was wir als Mietende alles durchstehen konnten, einfach weil wir mussten und weil wir zusammenstehen.

Der Kontakt zur Vermietung in der E97 war bereits vor dem Eigentümerwechsel beschränkt. Das Haus ist seit über einem Jahrzehnt Spekulationsobjekt. Seit Jahren klagen wir über unterlassene Sanierungsarbeiten und führen Listen über Mängel, deren Beseitigung wir uns wünschen. Über die neuen Eigentumsverhältnisse wurden wir lange im Unklaren gelassen. Schrittweise wurden aber die hausmeisterlichen Dienstleistungen eingestellt. Für Sauberkeit im Treppenhaus, Einbruchssicherheit und Abfallentsorgung sorgten wir erst einmal selbst.

Gleichzeitig begannen unangekündigte Baumaßnahmen an Fassade und Dach und brachten Lärm, dauerhaft schmutzige Flure und erste Verunsicherungen bezüglich der neuen Vermietung mit ins Haus. Zu unserem Alltag gehörten plötzlich herabstürzende Trümmerteile von der Fassade, abgeklebte und durch Werbebanner verdeckte Fenster, gekappte Antennen für unseren Internetanschluss, Regenwassereinbrüche in der Decke durch fehlende Abdichtung beim Dachumbau, gekappte Stromkabel, angezündete Kneipenfreisitze vor unserer Haustür, unangekündigtes Abstellen und Demolieren der Wasserversorgung für mehrere Tage, unangekündigte Räumung der Kellerabteile, plötzliche Videoüberwachung im Treppenhaus und ausgetauschte Schlösser in den Türen. Die Liste geht weiter und verlängert sich fast wöchentlich. Mängelanzeigen, Bitte um Rücksichtnahme und der
Aufforderung zur Kommunikation mit uns Mieter:innen ignoriert der Vermieter.

Besonders einschneidend waren für uns die 5 Monate, in denen wir ohne Gasversorgung in unseren Räumen leben mussten. Das hieß zunächst einmal frieren und bei befreundeten Leuten duschen zu müssen, jedes Mal ins Schwimmbad zu radeln oder Wasser aufzukochen für eine warme “Dusche”. Das bedeutete auch die Gründung einer Winterfest-Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel, die Wohnungen im Haus zumindest einigermaßen beheizbar einzurichten. Wir planten, mit kleinen Radiatoren und Infrarotheizungen den Winter zu überstehen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir die Hoffnung aufgegeben, dass die häusliche Gasversorgung vor dem Wintereinbruch wieder in Betrieb gehen könnte. Spontanes Ausziehen war für fast alle Bewohnenden illusorisch. In welche Wohnung des seit Langem schon sehr umkämpften Leipziger Wohnungsmarktes sollten wir so schnell ziehen? Und wie konnte es eigentlich sein, dass der Vermieter eine Reparatur der Grundversorgung solange verschleppt, dass wir uns die Frage stellen müssen, ob wir ausziehen? Wir haben also um unser Recht auf Heizung und warmes Wasser vor Gericht gekämpft. Und auch, wenn es ein Armutszeugnis ist, dass es 5 Monate gedauert hat, hat das Gericht uns das Recht auf diese Grundversorgung zugesprochen und uns die Beauftragung der Reparatur ermöglicht. Denn natürlich ist Heizen und warmes Wasser ein zentrales Recht von Mieter:innen! Und natürlich hat ein Vermieter sich darum zu kümmern, dass diese Grundversorgung zur Verfügung steht! Die Reparatur selbst hat dann nur zwei Tage gedauert. Zwei Tage, in denen wir im Haus Wache gehalten haben, damit der Installateur seine Arbeit machen kann. Zwei Tage, in denen wir uns gegen einen Hausverwalter wehren mussten, der die Wiederherstellung der Gasversorgung verhindern wollte, obwohl wir den Gerichtsbeschluss buchstäblich in der Hand hatten!

Uns ist klar geworden, dass ein normales Wohnen in diesem Haus – ein Wohnen ohne Schikane – zur Zeit nicht möglich ist. Uns ist klar, dass Entmietung das Ziel dieser Schikanen sind. Dass der Vermieter mittlerweile Kündigungen ausgesprochen hat, ist das aktuellste Glied in dieser mittlerweile langen Kette. Bisher haben wir jedoch jede Herausforderung überstanden! Wir sind als Gruppe zusammengewachsen. Wir haben uns organisiert und so eine Situation gemeistert, bei der viele Mieter:innen sonst bereits ihre Wohnungen aufgegeben hätten. Wir haben Zuspruch und Unterstützung von unserem Umfeld erhalten, unseren Fall öffentlich gemacht und skandalisiert. Wir haben viel gelernt wie man Pressemitteilungen schreibt, wie man Einstweilige Verfügungen vor Gericht beantragt, wie Arbeitsteilung funktionieren kann. Wir haben andere Mieter:innen kennengelernt, die auch den kalkulierten Entmietungsversuchen und der Willkür ihrer Vermieter:innen ausgesetzt sind. Wir sind Teil eines Netzwerkes, das dagegen kämpft, dass Wohnen an sich den Charakter eines Teilzeitjobs annimmt. Die Zustände, in denen wir leben und arbeiten, sind eigentlich unzumutbar. Und trotzdem setzen wir uns zur Wehr. Wir sind nicht allein und wir wissen darum, welchen symbolischen Konflikt wir ausfechten. Ohne Frage ist unser Kampf einer von vielen, in denen es immer wieder um sozialverträgliche Wohnverhältnisse und gegen das Primat von privaten Profitinteressen geht!

Und wir erinnern den Eigentümer der E97 daran, dass das alles so nicht sein müsste. Wir hatten damals und wir haben heute die Bereitschaft, das Haus zu kaufen, zu sanieren und selbst zu verwalten. Aber solange es nicht unser Haus ist, erinnern wir auch daran, dass er als Eigentümer Pflichten hat und dass er sich mit dem Haus nicht das Recht gekauft hat, sich aufzuführen wie die Axt im Walde! Unseren langen Kampf um faire und angemessene Wohnverhältnisse führen wir mit großem Zusammenhalt und den geteilten Erfahrungen der Mietenden. Unsere Motivation baut auf einem breiten Verständnis davon, wie wir weiterhin solidarisch auf unser Viertel einwirken möchten. Diesen Kampf führen wir, damit Wohnraum in vernünftigen Zuständen erhalten wird, damit Mieten für alle bezahlbar bleiben und die kulturellen und solidarischen Treffpunkte, die zunehmend aus Leipzig verschwinden, uns allen nicht verloren gehen! Das letzte Jahr hat uns gezeigt, dass diese Kämpfe für faires Wohnen und ein selbstbestimmtes Stadtviertel möglich sind.

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Redebeitrag 31.10.2024

Seit Montag dem 28.10.2024 haben wir in der Eisenbahnstraße 97 wieder Gas. Wir können wieder kochen, warm duschen und heizen. Auf den Tag genau 5 Monate hat es gedauert, eine Grundversorgung wiederherstellen zu lassen, die für die meisten als eine Selbstverständlichkeit gesehen wird. 

In diesen 5 Monaten haben wir viel Salat gegessen. Wir haben uns an das kalt duschen gewöhnt und uns über warme Herbsttage gefreut. Manchmal war die Situation so absurd, dass wir darüber lachen konnten. Eigentlich ist es aber nicht lustig. 

Ohne Gas, Heizung und warmes Wasser zu leben bedeutet vor allem: Den Alltag so planen, dass man genug Zeit hat, woanders warm zu duschen. Es bedeutet, ständig zu frieren, nicht einfach mal den Ofen zum kochen benutzen zu können, mehr Geld dafür ausgeben zu müssen auswärts zu essen, ständig mit Wärmflasche herumzulaufen. Es bedeutet, sich langsamer von Krankheiten zu erholen oder sich auszuquatieren, um sich in einer anderen beheizbaren Wohnung auszukurieren. Es bedeutet, dass man sich einfach nicht mehr richtig wohlfühlen kann im eigenen Wohnraum. 

Hinzu kommt, dass wir uns fortlaufend organisieren müssen, um unser Recht vor Gericht zu erstreiten.

In unserem Fall lief es besonders absurd. Um wieder warmes Wasser zu haben, sind drei Wohngemeinschaften vor Gericht gegangen. In allen drei Verfahren gab es unterschiedliche Gerichtsentscheidungen. In einem Verfahren haben wir Recht bekommen, in einem nicht und im dritten haben wir erst Recht bekommen, dann doch nicht und dieses Urteil wurde dann von der nächsten Instanz wieder aufgehoben. Der Ablauf dieses Rechtsstreits ist niemandem mehr vermittelbar und kann höchstens als Negativbeispiel in einer Juravorlesung dienen.

Selbst dort, wo das Gericht den Vermieter in der Pflicht gesehen hat, dafür zu sorgen, dass wir warmes Wasser haben und heizen können, hat es noch Monate gedauert, bis wir selbst jemanden beauftragen durften. Wir mussten mit Erschrecken feststellen, dass ein sogenanntes Eilverfahren theoretisch zwar existiert, in der Realität aber auch mal 5 Monate in Anspruch nimmt.

Letztlich hatten wir dann einen Gerichtsbeschluss in der Hand. Darauf stand, dass wir eine Fachperson für die Prüfung und Reparatur der Gasleitungen beauftragen dürfen und dass der Vermieter die Kosten dafür tragen muss. Wir mussten aber feststellen: Auch ein Gerichtsbeschluss interessiert den Vermieter und seine Vertreter nicht. Der von uns beauftrage Installateur wurde vom Hausverwalter erst einmal aus dem Haus gejagt. Einige MieterInnen im Haus mussten Beleidigungen und cholerische Ausbrüche über sich ergehen lassen. Uns wurde unterstellt, wir würden uns widerrechtlich im Keller aufhalten, obwohl wir ein Nutzungsrecht haben. 

Mit viel Aufwand und ständiger Anwesenheit konnten wir schließlich trotzdem durchsetzen, dass die Gasleitung repariert und der Gashahn wieder geöffnet wurde. 

In der Zwischenzeit hat der Eigentümer alle Kellerabteile räumen lassen – ohne Ankündigung. 

Es finden wieder lärmintensive Bauarbeiten statt – ohne Ankündigung. 

Die Fenster zum Keller waren tagelang offen, aber das Kellerschloss wurde mit dem Argument „Diebstahlschutz“ ausgetauscht. 

Die Liste an Absurditäten wird immer länger und das Leben im Haus ist mittlerweile zum Job geworden. Und es ist keiner der Spaß macht. Wir sind besorgt, dass demnächst wieder eine Grundversorgung ausfällt. Wir kontrollieren regelmäßig die Infrastruktur im Haus. Wir begleiten uns, damit sich niemand der nächsten unangenehmen Situation alleine stellen muss. Wir begleiten von uns beauftrage HandwerkerInnen durchs Haus, damit sie nicht von einem cholerischen Hausverwalter abgeschreckt werden. Wir plenieren. Wir sammeln Geld. Neben all diesen Aufgaben, die das bloße Wohnen in der E97 uns stellt, führen wir auch unsere eigenen Leben. Wir kümmern uns um unsere Beziehungen, um unsere Familien, um die Arbeit, die wir erledigen müssen. Und wir müssen uns vor allem um uns selbst kümmern, damit uns der ganze Stress nicht krank macht. 

Dabei ist es ein Stress, der nicht sein müsste, sondern einer der vom Vermieter beabsichtigt ist! Wir sagen es nochmal in aller Deutlichkeit: Dass wir 5 Monate von der Gasversorgung abgeschnitten waren, lag nicht daran, dass eine extrem aufwendige komplexe Reparatur notwendig war. Als wir die Reparatur selbst beauftragt haben, war das Problem nach 2 Tagen behoben. Grund für diese 5 Monate sind ein Vermieter, der vor Gericht die absurdesten Unwahrheiten erzählt und eine Justiz, die ineffektiv arbeitet. Wie kann es sein, dass wir 5 Monate in einem Eilverfahren festhängen? Und wie sollen wir noch irgendjemandem dazu raten, vor Gericht zu gehen, um dort für sein Recht zu kämpfen? 

Die Stadt darf vor solchen Zuständen nicht die Augen verschließen. Das Problem Entmietung ist bekannt und wird auf absehbare Zeit nicht verschwinden. Untätigkeit und der Hinweis auf einen begrenzten Zuständigkeitsbereich sind keine Strategien, mit der man einem wachsenden strukturellen Problem begegnen kann. Die Stadt Leipzig muss Wege finden, MieterInnen vor rücksichtslosen InvestorInnen zu schützen und sie in ihren Kämpfen zu unterstützen. Der Aufwand, den wir zur Zeit betreiben, um einfach nur wohnen zu können, ist niemandem zumutbar! Wir sind müde. Und wir sind dankbar, dass es einen Kreis an UnterztützerInnen gibt, die uns damit nicht alleine lassen. Die ihre Zeit und Kapazitäten nutzen, um unserer Situation eine öffentliche Platform zu geben. Und auch, um den Konflikt an den Ort zu bringen von dem er ausgeht, die NAS-Immobilien hier im Brühl 61 

Solange das Bewohnen einer Wohnung kein Grundrecht sondern in erster Linie ein Störfaktor für InvestorInnen und deren Gier nach Profitmaximierung ist, müssen wir einen unfairen Kampf kämpfen. Wir sind dieser Störfaktor und wir kämpfen diesen Kampf. Wir fordern aber, das ihn in Zukunft niemand mehr kämpfen muss!

Wir wiederholen, was wir bereits gesagt haben. Niemand gewinnt diesen Kampf allein – das Problem ist ein strukturelles! 

Vernetzt euch, wenn ihr auch betroffen seid. Unterstützt uns, falls ihr das Glück habt, noch nicht betroffen zu sein. Gründet eure eigene Initiative. Spendet, teilt unsere Inhalte, folgt uns auf Insta, besucht unsere website e97.org.

Denn wir alle wissen, Freiräume und Wohnraum gibt es nicht geschenkt, sie müssen erkämpft  und verteidigt werden. 

 Häuser denen die drin wohnen!

E97 bleibt!

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Pressemitteilung #3

Mieter*innen der Eisenbahnstraße 97 wehren sich gegen Entmietungsversuche – Amtsgericht Leipzig erlässt einstweiilge Verfügung gegen Vermieter

Mieterinnen der Eisenbahnstraße 97 wehren sich gegen Entmietungsversuche – Amtsgericht Leipzig erlässt einstweiilge Verfügung gegen Vermieter Leipzig 21.06.24 Wegen der unterbrochenen Gasversorgung in der Eisenbahnstraße 97 (https:// www.tagesschau.de/inland/regional/sachsen/mdr-entmietungsaktion-auf-dereisenbahnstrasse-97-100.html) haben Mieterinnen eine Einstweilige Verfügung gegen den Eigentümer beantragt. Das Amtsgericht Leipzig beschloss: Der Eigentümer ist verpflichtet, die Versorgung mit Gas und die Warmwasserversorgung wiederherzustellen (Amtsgericht Leipzig, Beschluss vom 12.06.2024, : EV 109 C 3004/24).


Seit dem 28.05.2024 sind alle Wohnungen der Eisenbahnstraße 97 ohne Gasversorgung. Das sind drei Wochen, in denen wir nicht kochen konnten. Das sind drei Wochen, in denen wir nur eiskalt geduscht haben oder auf Wohnungen von Freundinnen in der Nähe ausgewichen sind. Für uns als Bewohnerinnen des Hauses ist das eine enorme Belastung. Und es ist eine, die nicht sein müsste. Die Gasversorgung könnte wiederhergestellt werden sobald die Gasleitungen im Haus durch die Stadtwerke wieder abgenommen sind. Das Problem ist: Das müsste der Eigentümer beauftragen. Und der bleibt untätig. Zwar wurde der Eigentümer mehrmals über die Situation informiert und zur Abhilfe aufgefordert. Die von uns gesetzten Fristen sind aber verstrichen, ohne dass Maßnahmen ergriffen wurden. Im Gegenteil: Zuletzt wurde vonseiten des Eigentümers kommuniziert, man habe zur Zeit auch nicht vor, die Gasversorgung wieder herzustellen. Dies sei mit einem zu hohen Aufwand verbunden.

Der Zynismus, der in einer solchen Aussage liegt, macht uns fassungslos! Hier wird ein Szenario formuliert, in dem es für vertretbar gehalten wird, Mieterinnen von dem absoluten Mindeststandard der Warmwasserversorgung abgeschnitten zu halten – mit der Begründung, dass Abhilfe zu schaffen mit Aufwand verbunden ist. Gleichzeitig stehen Baugerüste um das Haus, Dachdeckerfirmen werden beauftragt das Dach abzudecken – wir werden nicht informiert und alleine gelassen. Der Vermieter möchte uns so aus unseren Wohnungen drängen. Aber wir wohnen in der Eisenbahnstraße 97, teilweise seit vielen Jahren und wir werden hier auch wohnen bleiben. Um jetzt wieder warm duschen zu können und um irgendwann einmal wieder den Herd zum kochen benutzen zu können, haben mehrere Wohnungsmietparteien Einstweilige Verfügungen auf den Weg gebracht. Das Amtsgericht hat entschieden und stellt klar: Die Warmwasserversorgung ist Grundversorgung. Sie sicherzustellen, obliegt dem Eigentümer. Der Vermieter ist zur umgehenden Wiederherstellung der Gasversorgung verpflichtet! Dieses Ergebnis kommt wenig überraschend, dennoch ist es ein großer Erfolg! Denn es berichtigt die Auffassung, die offensichtlich auf der Gegenseite herrscht, dass man sich als Mietraum-Investor aussuchen könne, welche Verpflichtungen man wahrnimmt und welche nicht. Die Einstweilige Verfügung wurde am 12.06.2024 beschieden, der Vermieter in Kenntnis gesetzt. An der unterbrochenen Versorgungslage ändert sich jedoch nichts. Wir haben nach wie vor kein warmes Wasser.

Das Haus ist auch sonst mittlerweile eine Baustelle: Das Dach wurde am 20.06.2024 überraschend abgedeckt – trotz Sturmwarnung für den kommenden Tag. Fensterbretter wurden bei Fassadenbauarbeiten abgeschlagen. Der Hausflur, der brandschutzsicher von uns freigehalten wird, steht nun voll mit Baumaterialien. Wir werden im Dunkeln gelassen, was mit unserem Haus passiert und immer wieder von Arbeiten überrascht. Die Mängel in den Wohnungen werden dagegen ignoriert. Der Eigentümer reagiert auf unsere Terminvorschläge zur Mängelbesichtigung in den Wohnungen nicht. Unsere Anfragen werden “zur Kenntnis genommen”. Wir stehen einem Eigentümer gegenüber, dem es nicht um ein vernünftiges Miteinander im Mietverhältnis oder um einen konstruktiven Austausch geht. Wir stehen einem Eigentümer gegenüber, der dem Eindruck unterliegt, mit dem Haus zusammen hätte er auch das Recht an den Mieterinnen erworben, müsse sich nicht an mietrechtliche Bestimmungen halten und
könne tun und lassen was er will. Tatsächlich fühlen sich Mieterinnen auch durch das Gebahren der Bevollmächtigten und jener die vorgeben das zu sein, persönlich unter Druck gesetzt. Heute können wir feststellen: Wo ein Eigentümer die Mieterinnen bewusst über Wochen und erklärt absichtlich ohne warmes Wasser und Gasversorgung lässt, obwohl er gerichtlich zur Abhilfe verpflichtet wurde, will er die Entmietung!


Es geht hier nicht um Belastungen, die aufgrund von Instandsetzungsmaßnahmen in einem Bestandsgebäude entstehen, das teilweise in den letzten Jahren nicht mehr ordentlich durch die alten Eigentümer gewartet wurde und heute einen Handgriff an einigen Stellen benötigt. Es handelt sich um aktiv ausgeübte psychische, finanzielle und organisatorische Belastungen,
die weit über das Maß hinausgehen, das im Rahmen der Sanierung eines Hauses zu erwarten ist und von denen wir annehmen müssen, dass sie genau so gewollt sind. Es handelt sich um Belastungen, die entstehen, wenn ein Eigentümer seine Pflichten als Eigentümer nicht wahrnehmen will und dies auf dem Rücken der Mieterinnen austrägt. Es handelt sich um Belastungen, die entstehen, wenn Wohnraum in erster Linie als Ware behandelt wird und zur Profitmaximierung dienen soll. Dass wir seit drei Wochen unseren Alltag ohne warmes Wasser und funktionierende Küchen bestreiten, dass wir seit Monaten immer wieder neue Überraschungen, wie Baugerüste und ein abgedecktes Dach erleben, dass der Vermieter sich nur über das Amtsgericht bitten lässt, seinen gesetzlichen Pflichten nachzukommen, ist mitten in Leipzig eigentlich unfassbar. Wenn Eigentümer die Erfahrung machen, dass das praktikabel wird, ohne Konsequenzen tragen zu müssen, stimmt etwas nicht in der Stadt Leipzig bei der Durchsetzung von mietrechtlichen Bestimmungen und dem Schutz der Mieterinnen vor Eigentümern, die diese nicht ernstnehmen.


Wohnen ist Menschenrecht, rücksichtslose Profitmaximierung ist es nicht!


Eure E97

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Pressemitteilung #2

Eskalation um die E97 – Kappung der Grundversorgung in der Eisenbahnstraße 97

Die Schikanen für MieterInnen nehmen zu – Der Kampf um gerechtes
Wohnen beginnt hier.

Seit dem 28.05.2024 sind die Wohnungen in der Eisenbahnstraße 97 ohne Warmwasserversorgung, die Haupt-Gasleitung des Hauses wurde ohne ersichtlichen Grund unterbrochen, die Leipziger Stadtwerke geben Verantwortung zur Behebung dem Eigentümer. In der im Erdgeschoss gelegenen Bar Goldhorn wurde seitdem zusätzlich das Stromkabel gekappt sowie der Freisitz angezündet, die Pächter befinden sich aktuell im Rechtsstreit wegen der Kündigung ihrer Räumlichkeiten.

Seit einigen Tagen sieht sich die Mieterschaft der Eisenbahnstraße 97 massiven Eingriffen ausgesetzt. Am Abend des 28.05. wurde die Gasversorgung abgestellt, indem der Gas-Notschalter im Haus umgelegt wurde. Alle Wohnungen sind seitdem ohne Warmwasserversorgung, in den meisten kann seitdem auch nicht gekocht werden. Die Stadtwerke schalten die Versorgung erst wieder ein, wenn die gesamten Gasleitungen überprüft wurden. Den Auftrag hierfür müsste der Eigentümer bzw. die Hausverwaltung geben. Auf die Anzeige des Mangels bei NAS-Immobilien – jener Firma, über die der Kontakt zum neuen Eigentümer läuft -, hat diese uns an den Anwalt des neuen Eigentümers verwiesen. Dieser wiederum lässt alle Versuche der Kontaktaufnahme bisher unbeantwortet. Wir als Mieterschaft wurden nicht informiert, warum und ob das Abschalten notwendig war, geschweige denn, wann die Gasversorgung wieder hergestellt ist. Sicher ist, dass für das Abstellen Zugang zum eigentlich verschlossenen Keller notwendig war.

Am Morgen des 31.05. wurde ein Stromkabel in der Eisenbahnstraße 97 so stark beschädigt, dass die Bar Goldhorn komplett ohne Strom war. Wegen der erheblichen Gefahr, die beschädigte Elektrizität für das Haus darstellt, wurde das Kabel auf eigene Kosten notrepariert.

In den Morgenstunden des 2. Juni wurde der Freisitz des Goldhorn mithilfe eines Brandbeschleunigers angezündet. Das Feuer konnte schnell gelöscht werden, niemand ist zu Schaden gekommen.

Dies sind die neuesten Glieder in einer langen Kette an Belastungen, die uns das Leben und Arbeiten in der E97 schwer machen. Dazu gehören die Einrüstung des Gebäudes wegen kurzfristig angekündigter Dach- und Fassadenbauarbeiten und Werbebanner am Gerüst, die kein Tageslicht in manche Zimmer lassen. Dazu gehören Anwaltsbriefe mit teilweise derart kurzen Ankündigungsfristen, dass wir sie nur als Schikane interpretieren können. Dazu gehören Wutausbrüche und Konfrontationen durch Personen, die sich als neue Verwalter des Hauses ausgeben. Und nun gehört dazu die – vielleicht planmäßige – Untätigkeit, wenn es um die Sicherstellung von so wichtigen Grundbedürfnissen wie der Versorgung mit Gas und warmen Wasser, den Mindeststandards einer Wohnung, geht.


Die jüngsten Vorfälle haben jedoch eine neue Qualität und sind offensichtlich Einschüchterungsversuche. Es scheint, als sei das Ziel dieser Aktionen vor allem das Goldhorn, welches sich aktuell im Rechtsstreit bezüglich der Kündigung ihrer Räume befindet. Ein Angriff auf das Goldhorn ist jedoch ein Angriff auf das Haus und wirkt sich direkt auf die Lebensrealität aller aus, die dort leben und arbeiten – die Gefährdung von Menschen wird mit solchen Handlungen bewusst in Kauf genommen. Wir wissen nicht, wer für die Vorfälle der letzten Tage verantwortlich ist. Wir stellen aber fest, dass diese und der erhöhte Stress, dem alle Mietparteien im Haus ausgesetzt sind, zeitlich mit dem Verkauf des Hauses zusammenfallen.


Gleichzeitig steht Leipzig kurz vor der Kommunalwahl und überall im Viertel hängen Plakate, auf denen bezahlbarer Wohnraum zum Wahlkampfthema gemacht wird. Die Wohnraumkrise wurde den LeipzigerInnen spät bewusst, dennoch ist sie mittlerweile allgegenwärtig. Egal ob Studierende, Berufstätige, junge Familien oder Senioren, in der Stadt Leipzig kann es sich keiner mehr leisten, seinen Mietvertrag zu kündigen und einfach eine neue Wohnung zu suchen. Die Ausgaben für die Miete übersteigen nicht selten die Hälfte des verfügbaren Einkommens, Wohngeld und Bafög reichen auch nicht mehr aus, um die Belastungen abzufedern: Bezahlbarer Wohnraum ist eine der sozialen Fragen unserer Zeit.

Die E97 ist ein Haus, wo es diesen bezahlbaren Wohnraum noch gibt. Er wurde über Jahre erkämpft. Die bestehenden Verträge sehen vor, dass die BewohnerInnen und das soziokulturelle Zentrum Con Han Hop auf lange Zeit im Haus bleiben. Und trotzdem müssen wir feststellen: Die Mietverträge schützen uns nicht davor, mit dem Verkauf des Hauses massivem Stress ausgesetzt zu sein, der uns in unserem Privatesten tangiert.

Mietverträge schützen uns offensichtlich nicht davor, erhebliche finanzielle Mehrbelastungen zu tragen, um dauerhafte und fundierte rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Mietverträge schützen uns nicht davor, ohnehin knappe Freizeit zu verplanen, um uns zu organisieren und anfallende Aufgaben zu erledigen. All das, um etwas zu verteidigen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Mit einem Mietvertrag sorgenfrei wohnen!

Wir fragen uns: Wenn Parteien bei der Kommunalwahl für ihren Einsatz für bezahlbaren Wohnraum gewählt werden wollen, wie sieht dieser Einsatz aus? Ein konkreter Vorschlag: Warum sich nicht um den Ankauf der E97 durch die Stadt bemühen – auch ohne Vorkaufsrecht? So etwas kostet Geld, aber damit sollten politische Akteure rechnen, die mit der Forderung nach Investitionen in Wohnraum um Stimmen werben.

Und weil unser Haus nur exemplarisch für ein strukturelles Problem steht, das viele betrifft: Warum zum Beispiel keine flächendeckende finanzielle oder professionelle Unterstützung für Betroffene von Entmietungsversuchen? Warum zum Beispiel keine hohen Bußgelder für Eigentümer, die die Mietpreisbremse missachten? Warum privaten Investoren bei dem Aufkauf und Spekulation mit Bestandswohnungen nicht in die Quere kommen? Wohnungspolitik bedeutet auch eine aktive Einflussnahme der kommunalen Akteure auf dem Wohnungsmarkt.

Wir fordern weiterhin, dass alle Mietparteien in der E97 bleiben können! Wir wollen nicht jeden Tag aufwachen und uns fragen, ob Strom, Wasser und Gas heute noch funktionieren, wenn die Wohnung gestern verkauft wurde. Wir fordern die Stadt und die politischen Parteien auf, explizite Lösungsvorschläge für den Erhalt und die Schaffung von bezahlbaren (Wohn-)Raum zu erarbeiten, anstatt vage dessen Notwendigkeit zu formulieren!

Wir fordern die Stadt und die politischen Parteien auf, bereits existente Maßnahmen, wie die Sozialen Erhaltungssatzungen konsequent durchzusetzen. Wir fordern die Stadt und die politischen Parteien auf, Immobilienspekulanten mehr auf die Finger zu schauen! Wie ist es zum Beispiel möglich, dass die “NAS Immobilien Leipzig” im größeren Stil mit Immobilien handelt, ohne im Handelsregister eingetragen zu sein? Ist dies vereinbar mit handelsrechtlichen Bestimmungen und wenn nicht, warum unternehmen das Finanzamt und die Gewerbebehörde der Stadt Leipzig dagegen bisher nichts?

Und wir fordern jene AnwältInnen, die solche Immobilienspekulanten vertreten, auf, nochmal ihren moralischen Kompass zu befragen und sich ihrer Verantwortung bewusst zu machen.

Read MorePressemitteilung #2

Redebeitrag

Translation

Liebe Freund*innen, liebe Unterstützer*innen, liebe Anwesende,

wir sind die Mieter*innengemeinschaft der Eisenbahnstraße 97, mittlerweile unter E97 bekannt, und freuen uns sehr, hier und heute im Rahmen der Housing Action Days sprechen zu können.

Wie ihr vielleicht schon gehört habt und anhand der Plakate im Viertel sehen könnt, befinden wir uns seit letztem Jahr im Mietkampf und sehen uns durch Entmietung bedroht. Das betrifft die Bewohnenden des Hauses sowie die Beiden Läden im Erdgeschoss, die da wären das selbstverwaltete soziokulturelle Zentrum Con Han Hop und die Kneipe Goldhorn.

Doch was ist passiert?

Alles fing an mit Gerüchten, dass das Haus im letzten Sommer verkauft wurde. Seitdem machen uns mehrere Personen, Hausverwaltungen, Immobilienfirmen und Rechtsanwälte das Leben schwer, die von sich behaupten neue Eigentümer zu sein oder die Eigentümer zu vertreten. Aktuell wird versucht, das Goldhorn rauszuwerfen und es gab Aussagen, das gleiche mit der restlichen Mietgemeinschaft zu machen. 

Hierfür sind wir seit Wochen mit Schikane und Bedrohungsszenarien konfrontiert. Dazu gehören unangekündigte Hausbesuche ebenso, wie Briefe, die uns unter Androhung der Kündigung auffordern, innerhalb kürzester Zeit Treppenhaus, Dachboden und Hof leer zu räumen oder von uns verlangen, alles dafür zu tun, dass ein Gerüst vor das Haus gestellt werden kann – und zwar an einem Sonntag. Nun ist es so, dass in unserem Haus einige Sachen repariert werden müssten, die Fassade gehört nun wirklich nicht dazu. Es ist eine Strategie wie aus dem Lehrbuch, um unliebsame Mieter*innen loszuwerden. Erst wird gedroht und großspurig rumgemackert und wenn das nichts bringt, kommen zermürbende Bauarbeiten, wofür ein Gerüst die Grundlage liefern soll.

Aber warum sind wir unliebsame Mieter*innen?

Unter anderem deswegen, weil wir vor einigen Jahren in einer ähnlichen Situation faire Mietverträge erkämpft haben. Schlimm, dass man so etwas betonen muss. Es sind Mietverträge, die nicht nur Anwält*innen staunen lassen, sondern allen profitorientierten Eigentümer*innen ein Dorn im Auge sind.

Das ist die aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt, auch in Leipzig. Wer zu fairen Mieten und Konditionen wohnt, aber nicht zur besitzenden Klasse gehört, muss jederzeit damit rechnen, seinen Wohnraum zu verlieren.

Damit uns das in Zukunft nicht mehr passieren kann, wollen wir unseren Wohnraum selbstverwaltet und nachhaltig organisieren. Wir möchten allen Personen, die im Haus leben, sich hier in Projekten einbringen oder lohnarbeiten, zum Teil schon seit über 10 Jahren, dies auch weiterhin ermöglichen. Der einzige Weg hierfür, ist, das Haus dem Markt zu entziehen. Denn solange Wohnraum eine Ware ist, ziehen die Bewohnenden immer den Kürzeren.

Doch auch unser Versuch das Haus durch eine Genossenschaft kaufen zu lassen, die uns dieses selbstverwaltete und nachhaltige Wohnen ermöglicht, wurde bereits zwei Mal abgeblockt, obwohl wir auf die von der Gegenseite geforderten Angebote eingehen konnten. Dennoch bleibt genau das unser Ziel: Wir wollen das Haus dem Markt entziehen! Auch dafür kämpfen wir!

Aber das Problem betrifft nicht nur uns. Rund um die Eisenbahnstraße, findet eine zunehmende Verdrängung von selbstverwalteten Räumen statt. Viele befreundete Projekte wurden in den vergangenen Monaten rausgeschmissen. Wir beobachten voller Sorge und Wut, wie Orte des Zusammenkommens jenseits von Verwertungslogik nun der Aussicht auf schnelle Gewinnsteigerung weichen müssen. Gleichzeitig wird bezahlbarer Wohnraum entlang der Eisenbahnstraße teurer und knapper. Hier haben sich die Mietpreise in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Aber was können wir tun liebe Stadtpolitik?

Ein ausgehöhltes Vorkaufsrecht hilft uns genauso wenig, wie politische Beteuerungen eines vermeintlichen Milieuschutzes. Wir wollen uns auch nicht ins Korsett städtischer Freiräume zwängen lassen, sondern wir wollen dort bleiben, wo wir seit Jahren leben, uns ein Zuhause und politische Räume eingerichtet haben. Wir fordern, dass Bewohnende Vorrang haben, die Häuser in denen sie wohnen genossenschaftlich kaufen zu können!

Da wir im konkreten Fall jedoch immer wieder feststellen müssen, dass wir auf uns allein gestellt sind, ist es absolut notwendig sich untereinander zu vernetzen. Lasst uns gegenseitig zeigen, dass wir nicht allein, sondern dass wir solidarisch miteinander sind. Wenn ihr euch in einer ähnlichen Situationen befindet, tauscht euch aus, versucht euch in eurer Wohnung, in eurem Haus zu organisieren. Geht auf Projekte und Initiativen zu, die sich mit dem Thema beschäftigen. Kommt auf uns zu, wir teilen liebend gern unsere Erfahrungen, aber freuen uns auch über jedwede Unterstützung. Unseren Kontakt findet ihr auf e97.org oder sprecht uns heute direkt an. Denkt nicht, dass ihr mit euren Problemen allein oder die einzigen seid oder ihr nichts machen könnt. Mietkampf, der Kampf um die eigene Wohnung, wird schnell existenziell und ist Kräfte zehrend. Lasst uns füreinander da sein. Die Housing Action Days sind ein guter Anfang, um zu informieren, zu vernetzen und Öffentlichkeit zu erzeugen. Deshalb unterstützen wir die Kampagne.

Wir werden auch dieses Mal unser Zuhause und unsere Läden verteidigen. Wir erleben aktuell eine große Welle der Solidarität, über 6600 Menschen haben uns in einer Petition gezeigt, dass sie an unserer Seite stehen! Lasst uns zeigen, dass wir Verdrängung nicht ohne Reaktion geschehen lassen! Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Bewohner*innen entscheiden, was mit den Häusern geschieht! Es sind unsere Zuhause, wir lassen sie uns nicht einfach nehmen! Lasst uns gemeinsam Widerstand leisten! Nicht nur gegen Immobilienfirmen und profigetriebene Eigentümer*innen, sondern auch gegen die Verhältnisse. Wir dürfen nicht vergessen, das Problem heißt immer noch Kapitalismus! Gegen Wohnraum als Ware! Für eine lebenswerte Stadt für alle!

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Pressespiegel

In den letzten Wochen und Monaten ist viel bei uns passiert. Auch verschiedene Medien haben über den Häuserkampf der E97 geschrieben. Hier ist eine kleine Auswahl von Artikel und Interviews zu dem Thema:

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Pressemitteilung #1

Im August 2023 wurde ein Mieter der Eisenbahnstraße 97 (E97) von einem vermeintlichen neuen Eigentümer mündlich darüber informiert, dass er das Haus gekauft habe und mit Jahreswechsel auch der Eigentümerwechsel stattfinden werde. Er kündigte außerdem an, dass er allen Mieter:innen inklusive der beiden Ladenflächen im Erdgeschoss kündigen werde – konkret sprach er davon, alle “rauszuschmeißen”. Das Ziel dahinter ist wohl, mehr Profit zu machen, als die aktuellen Mietverhältnisse einbringen. Dass ein Verkauf tatsächlich stattgefunden hat, konnte zwischenzeitlich bestätigt werden – der neue Eigentümer wird mit der Leipziger Immobilienfirma „NAS Immobilien“ in Verbindung gebracht. Der Versuch seitens der Mieter:innen, das Haus von einer Genossenschaft kaufen zu lassen, um eine Entmietung zu verhindern, wurde durch den vorgeblichen neuen Eigentümer nach anfänglicher Bereitschaft abgelehnt.

Zur Situation

Die angedrohte Entmietung betrifft über 30 Wohnungsmieter*innen sowie das soziokulturelle Zentrum Con Han Hop und die Kneipe Goldhorn. Alle Mieter:innen befinden sich seit 2013 in Mietverhältnissen und haben die Räumlichkeiten in Eigenregie renoviert. Bis 2020 befand sich die Mieter:innenschaft auch mit den bisherigen Eigentümern in einem Mietkampf. Aus diesen langjährigen Verhandlungen resultierten faire Mietverträge, die jedem profitorientierten Eigentümer ein Dorn im Auge sind.

Weder von den bisherigen Eigentümern noch von der Hausverwaltung wurden die Mieter:innen über einen Eigentümerwechsel informiert. Auch werden seit Jahren notwendige Instandhaltungsmaßnahmen nicht vorgenommen und Änderungen der Mietverhältnisse blockiert. Das Dach ist an mehreren Stellen undicht, es regnet und schneit regelmäßig rein, die Bäder sind teilweise defekt und nicht nutzbar, Heizungen fallen aus und werden über Monate nicht repariert. Das lässt die Mieter:innenschaft mit dem Gefühl zurück, dass sich die bisherigen Eigentümer und die Hausverwaltung ihren Verantwortlichkeiten aus den Mietverträgen bewusst verweigern.

Deswegen hatte sich die Hausgemeinschaft entschlossen, dem Eigentümerwechsel zuvorzukommen und das Haus über eine Genossenschaft in Gemeinschaftseigentum zu überführen und damit eine nachhaltige und langfristige Wohnsituation zu ermöglichen. Diesem Vorhaben stand der vermeintliche neue Eigentümer zunächst aufgeschlossen gegenüber – wohl auch weil er feststellen musste, dass er auf eine geschlossene Hausgemeinschaft trifft, die sich durch Drohszenarien nicht so schnell einschüchtern lässt. Ein Weiterverkauf stand im Raum. Nachdem innerhalb von wenigen Wochen alle Weichen gestellt wurden, die Genossenschaft dem Kauf zugestimmt und ein entsprechendes Angebot gemacht hatte, entschied sich die Gegenseite plötzlich gegen den Verkauf an die Genossenschaft und will nun an den bisherigen Plänen zur Entmietung festhalten – das Goldhorn hat mittlerweile eine Kündigung erhalten.

Dem treten wir entschieden entgegen!

Entwicklung im Stadtteil

Die Eisenbahnstraße, an der das Haus liegt, ist eine der schönsten, aber auch mittlerweile begehrtesten Straßen Leipzigs. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der durchschnittliche Mietpreis im Stadtteil Volkmarsdorf nahezu verdoppelt. Spekulation mit Wohnraum und wirtschaftlich motivierte Entmietungen machen auch vor dem migrantisch geprägten früheren Arbeiter:innenviertel und seinen Bewohner:innen nicht halt. Wir erleben eine zunehmende Verdrängung von selbstverwalteten Räumen entlang der Eisenbahnstraße. So mussten allein im letzten Jahr der selbstverwaltete Raum und Treffpunkt Erythrosin, die Fahrradselbsthilfewerkstatt Radsfatz, der Kulturverein Trautmann sowie das Japanische Haus aufgrund von Kündigungen durch die Eigentümer weichen, das Cafe NuR wird dieses Jahr folgen. Das Versprechen auf schnelle Gewinnsteigerung verdrängt somit soziale und kulturelle Projekte, die Betroffenen werden in diesem Prozess übergangen. Nun ist auch das Con Han Hop von derselben Entwicklung bedrohnt. Das Hop ist ein Ort, an dem es noch möglich ist, ohne Konsumzwang zusammenzukommen. Es ist ein Ort, den sich Menschen teilen, die im Viertel sonst eher nebeneinander leben. Gleichzeitig wird bezahlbarer Wohnraum entlang der Eisenbahnstraße teurer und knapper. Gegen diese Entwicklungen und die drohende Entmietung organisieren sich die Mieter:innen der Eisenbahnstraße 97 gemeinschaftlich.

Wir wohnen hier gern und wir werden nicht weggehen!

Es ist unser Zuhause, wir haben es uns zu diesem gemacht!

Ausblick

Noch im Dezember 2023 starteten die Mieter:innen eine Petition, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Bis dato konnten sie über 6.000 Unterschriften sammeln, die sich dafür aussprechen, dass die Mieter:innen, das soziokulturelle Zentrum Con Han Hop und die Kneipe Goldhorn in der Eisenbahnstraße 97 bleiben und der Hauskauf durch die Genossenschaft ermöglicht wird. Denn die Mieter:innen haben nach wie vor den Wunsch und sind bereit für einen Hauskauf durch die Genossenschaft, um die bestehenden Mietverhältnisse abzusichern. Dafür haben sich die Mieter:innen rechtlichen Beistand geholt, sind in Kontakt mit der Öffentlichkeit, der Stadt und Nachbar:innenschaft getreten und bereiten sich erneut auf einen Mietkampf vor.

Die Mieter:innenschaft der E97

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